Viele
von uns fahren auf dem Weg zur Arbeit täglich zweimal am Herrenhaus vorbei und
werden feststellen, daß dies hübsch gelegene Haus offenbar fast unbewohnt ist.
Das rege Treiben früherer Zeiten ist eingeschlafen.
Windeby ist im wesentlichen von vier Familien geprägt
worden:
1. 1469 - 1675 Familie (v.) Brokdorff
2. 1694 - 1797 Familie von Qualen
3. 1799 - 1823 Familie Graf zu Stolberg - Stolberg
4.
1823 - Familie Schmidt und ihre Erben
Das kleine Dörfchen Windeby ist jütischer
Gründung und vermutlich durch die Familie (v.) Pogwisch
zu einem Adelssitz gemacht worden. Für den Adel wurde es im Spätmittelalter
wirtschaftlich außerordentlich interessant, Landwirtschaft zu betreiben. Die
Einführung der Leibeigenschaft ging mit diesem Aufschwung einher.
Familie Brockdorff (ab 1469) war sehr reich. Sie
besaß nicht nur Windeby und Altenhof,
sondern erwarb auch noch Hemmelmark. Sievert
von Brockdorff lieh dem damaligen Landesherrn eine beträchtliche Geldsumme und
bekam dafür die Stadt Eckernförde als Pfand. Man kann sich leicht ausmalen,
welch` eine Machtfülle so ein Mann hatte. Die Gutsherr
fiel im Jahre 1500 in der berühmten Schlacht von Hemmingstedt,
als der Schleswig-Holsteinische Adel Dithmarschen erobern wollte. Dieser
Versuch scheiterte kläglich und neben vielen unschuldigen Opfern mußte eine
ganze adelige Führungsschicht ihr Leben lassen. Der Landadel hatte bis 1866
sehr viele Privilegien, so daß die Untertanen oft der Willkür ihrer Herren ausgeliefert
waren. Davon berichtet eine Geschichte, die in A. Bremers Chronik erzählt wird:
Anno 1580
haben Detlev Brockdorff auf Windeby und Christoffer v. Buchwald, der Lange
genannt, zum Kiel in der Flämischen Straße in Lüder Robels Hause miteinander gesoffen und gespielet,
daß derselbe, welcher das Spiel verlieren
würde, seinen
eigenen Jungen erstechen sollte. Als nun Detlev Brockdorff das Spiel verloren,
hat er darauf seinen Diener erstechen müssen. Es ist nicht bekannt, ob Detlev Brockdorff
für diesen Mord zur Rechenschaft gezogen worden ist. Eine ähnliche Geschichte,
die etwas versöhnlicher endet, erzählt
das Heimatbuch des Kreises Eckernförde
(1928) S. 329: De ol
Graf op Windeby hett nich recht mehr sehn kunnt, un do süht he mal, dar is een bi sin
Appeln. He meent, dat is en Deev,
un he nimmt de Flint un
schütt em hendal. He het em dod
schaten. Dat ist awer sin Garner
weß. Do hett de Graf keen Ruh hadd, un he klagt dat den Preester. De seggt to em, he schall een god Wark don, denn ward he wul Ruh finn. Do hett
de Graf de Schol in Kockendörp
bu`n laten; he hett de Kosten för den Lehrer betahlt, un de Lüd in`n Dörp
hebbt ok keen Schollasten hadd, se hebbt blots dat
Fahrn dan för den Lehrer, un de Scholgarn ümgraben müßt. Dat ist noch bet paar Jahr vör de
Krieg so weß.
Wenn diese Geschichte stimmt, müssen wir sie wohl
einem Mitglied der Familie von Qualen unterschieben. Otto von Qualen war der
erste Besitzer Windebys aus dieser Familie. Seine
Frau, die er als dänischer Kammerherr kennenlernte, war Maria F. Wetzel von Marsilien. Sie war berühmt für ihre Schönheit und
Frömmigkeit und interessiert an den Wissenschaften. Weil sie jung starb, stiftete ihr Sohn später zu ihren Ehren
ein Stipendium für Studenten der Universität Kiel.
Der Enkel der Maria von Qualen - er hieß auch Otto -
war mit Dorothea Gräfin von Ahlefeldt verheiratet.
Die beiden führten eine so unglückliche Ehe,
daß nicht nur Gerichte bemüht werden mußten, sondern das
Otto von Qualen wegen Mißhandlung an
seiner Frau auch ins Gefängnis gesperrt wurde. In der
Gerichtsakten findet sich folgendes:
Ein Tag,
nachdem sie ihr Wochenbett verlassen hatte, hat er sie in den Wagen geschleppt
und gestoßen und vom Hofe gejagt. Als sie nach einiger Zeit zurückkehrte, hat
er sie mit der Peitsche attackiert und sie im Kieler Umschlag vor anderen
„Madame la sorciere“ [Hexe] tituliert und diese Worte auch mit Kreide über die Haustür schreiben
lassen. Otto von Qualen soll im
Zustand geistiger Umnachtung gestorben sein. Trotz dieser Problematik war er
aber in der Lage, eine neues Herrenhaus zu erbauen und
die Hofwirtschaft wesentlich zu reformieren. In der Reihe der von Qualen muß
auch der letzte noch besonders erwähnt werden. Er sorgte 1795 für die Aufhebung
der Leibeigenschaft. 1799 kaufte Christian Graf Stolberg Windeby. Der neue
Gutsherr, aber auch besonders sein Bruder Friedrich Leopold waren bekannte
Dichter ihrer Zeit. Sie hielten Kontakt zu vielen bedeutenden Persönlichkeiten.
Sogar mit dem „Dichterfürsten“ Goethe waren sie gereist. In Windeby traf
Christian Graf Stolberg auf derart schwierige wirtschaftliche Verhältnisse, daß
nach seinem Tod 1821 der Konkurs verhängt werden mußte. Bei der anschließenden
Versteigerung 1823 in Kiel erhielt zum
ersten Mal ein Bürgerlicher, der Senator und Kaufmann Peter Christian Schmidt
den Zuschlag für Windeby. Die Familie
Schmidt hat mit großer Kontinuität über Generationen das Gut bewirtschaftet. Dabei
haben sie viele öffentliche Ehrenämter bekleidet. Die letzte Alleinbesitzerin
war Olga Schmidt. Sie starb 1930. Danach erbten ihre 13 Kinder das Anwesen.
1979 wurde die Herrenhausparzelle versteigert.
Inzwischen gehört das Herrenhaus der Familie Dabelstein
/Hamburg. Die Ländereien sind noch immer weitgehend im Besitz der Schmidt`schen Erben und ihrer Nachkommen.
In der überlieferten Geschichte hat das Herrenhaus
Windeby weit mehr als zwanzig mal durch Erbe oder
Ankauf den/die Besitzer/in gewechselt. Deswegen kann dieser Bericht nur
Schlaglichter auf einige Gutsherren/Innen werfen.
Für Interessierte empfehle ich das Buch „Schlösser
und Herrenhäuser im Herzogtum Schleswig“, Henning von Rumohr, Verlag Weidlich
(erhältlich auch in der Stadtbücherei Eckernförde).